Künstliche Intelligenz / Data Science
Als eines von zwei Forschungsfeldern wurde Künstliche Intelligenz / Data Science als neues wissenschaftliches Kompetenzfeld für den Masterplan Wissenschaft 2.0 identifiziert. Lernende Systeme werden heute überall zum Treiber der Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft. Sie durchdringen sämtliche Bereiche in Arbeitswelt und Alltag. Bereits heute bearbeiten Roboter, Assistenz- und Softwaresysteme komplexe Probleme. In Dortmund forschen Wissenschaftler*innen sowohl an technischen Verbesserungen und Algorithmen, um z.B. Produktionsabläufe zu verbessern, als auch an der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine.
Bild: FH Dortmund/Volker Wiciok
Folgende Einrichtungen und Akteur*innen in Dortmund sind in diesem Feld aktiv:
Technische Universität Dortmund
Dortmund ist für Data Science bekannt, seit es dafür als erste Universität Deutschlands einen Studiengang in der Statistik eingerichtet hat. Das Dortmund Data Science Center (DoDSc) bündelt Methoden aus Statistik, Informatik, Mathematik in Interaktion mit den Wissenschaften Physik, Chemie und Chemische Biologie sowie mit der Journalistik. So ist innerhalb der TU Dortmund ein Dach gegeben für den interdisziplinären Austausch zu Forschung, Lehre und Transfer. Für die Zusammenarbeit mit anderen Hochschulen und Instituten bietet sich hier ein hervorragend geeigneter Rahmen.
Auch die Künstliche Intelligenz (KI) hat Tradition an der TU Dortmund. Schon 1991 wurde ein entsprechender Lehrstuhl eingerichtet. Bereits damals wurde hier das maschinelle Lernen als die Schlüsseldisziplin der KI erkannt. Das Startup RapidMiner ist dort entstanden und das gleichnamige System ist fortwährend im führenden Quadranten der Gartner Group.
Inzwischen wurde die Kapazität im Bereich der KI ausgebaut: Professuren zur Mustererkennung (Prof. Dr. Gernot A. Fink), Data Mining (Prof. Dr. Erich Schubert), Data Science and Data Engineering (Prof. Dr. Emmanuel Müller), sowie Smart City Science (JProf. Dr. Thomas Liebig) werden demnächst durch eine Stiftungsprofessur zu maschinellem Lernen in industriellen Anwendungen ergänzt, die von der KION Group AG, einem Anbieter von Gabelstablern, Lagertechnik und verbundenen Dienstleistungen sowie Lieferketten-Lösungen, eingerichtet wird. In der Fakultät für Statistik wurden 2019 die Professuren zu Statistischen Methoden für Big Data (Prof. Dr. Andreas Groll) sowie die von der Deutschen Post AG gestiftete Professur zu Statistik in industriellen Anwendungen (Prof. Dr. Markus Pauly) besetzt. Für die Professuren für Künstliche Intelligenz (Nachfolge Prof. Dr. Katharina Morik) sowie Computergestützte Statistik (Nachfolge Prof. Dr. Claus Weihs) laufen aktuell Berufungsverfahren.
Im Sonderforschungsbereichen (SFB) 876 „Verfügbarkeit von Information durch Analyse unter Ressourcenbeschränkung“ bringt Big Data, maschinelles Lernen und eingebettete Systeme zusammen. Dieser innovative Zusammenhang eröffnet Möglichkeiten für die realzeitlichen Prozesse, wie z.B. bei der Feuerwehr oder autonomen Sensor-Aktorsystemen. Die Grundlagenorientierung ergibt zuverlässige Aussagen zur Qualität gelernter Modelle im Hinblick auf Qualität des Modells und Ressourcenverbrauch.
Kompetenzzentrums Maschinelles Lernen Rhein-Ruhr (ML2R)
Mit der Einwerbung des ML2R hat der Forschungsbereich Künstliche Intelligenz/Maschinelles Lernen eine Stärkung erfahren und große überregionale Sichtbarkeit erlangt. Das Zentrum, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird, ist eines von sechs bundesweiten Zentren für Spitzenforschung und Transfer im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Kooperationspartner sind das Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS in Sankt Augustin, die Universität Bonn sowie das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML in Dortmund. Prof. Dr. Katharina Morik, Leiterin des Lehrstuhls für Künstliche Intelligenz an der TU Dortmund, koordiniert zudem alle sechs Zentren. Schon zwei Mal besuchte deshalb die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, die TU Dortmund.
Fachhochschule Dortmund
Auch an der FH Dortmund stellt das Themenfeld KI einen wichtigen Schwerpunkt in Forschung und Lehre dar. Hierbei werden KI-Methoden und -Anwendungen sowohl aus dem Blickwinkel der methodisch-theoretischen Grundlagen betrachtet als auch aus dem Blickwinkel der Anwendung in den verschiedensten Themenfeldern. Dementsprechend wird das Thema KI auch an verschiedenen Fachbereichen aufgegriffen.
Am Fachbereich Informatik wird KI von Prof. Dr. Sebastian Bab, Prof. Dr. Britta Böckmann, Prof. Dr. Christoph Friedrich und Prof. Dr. Sabine Sachweh vertreten. Prof. Dr. Bab (Lehrgebiet Angewandte Logiken und Künstliche Intelligenz) widmet sich dabei insbesondere der klassischen, symbolischen KI und deren Bezug zur Logik bis hin zu den Themen des maschinellen Lernens und des Natural Language Processings. Prof. Dr. Böckmann und Prof. Dr. Friedrich widmen sich der Anwendung von KI und maschinellen Lernverfahren im Bereich der (Bio-)Medizinischen Informatik, u.a. im DFG-geförderten Graduiertenkolleg WisPerMed. Prof. Dr. Sachweh betrachtet am Institut für die Digitalisierung von Arbeits- und Lebenswelten (IDiAL) insbesondere auch ethische Aspekte der Anwendung von KI.
Am Fachbereich Informationstechnik wird KI im Profilschwerpunkt Intelligente Informations- und Kommunikationssysteme und am Institut für Kommunikationstechnik von Prof. Dr. Ingo Kunold (Kommunikationstechnik und digitale Signalverarbeitung) und Prof. Dr. Hendrik Wöhrle (Intelligente autonome Sensor- und Aktor-Systeme) vertreten. KI-Methoden und -Technologien werden dabei insbesondere im Kontext der Kommunikationstechnik und des Internets der Dinge mit den Bereichen Smart Systems, Smart Energy und Smart Homes/-Buildings und Cities betrachtet. Ein weiterer Schwerpunkt bildet die Nutzung und Anwendung von realzeitlichen KI-Technologien auf Embedded Systems und die Entwicklung von effizienter Hardware für das maschinelle Lernen. Prof. Dr. Jörg Thiem und Prof. Dr. Andreas Becker beschäftigen sich mit der Nutzung von KI in den Bereichen Robotik und Automotive. Ein weiterer Forschungsbereich ist die Anwendung von KI im Bereich der Biomedizintechnik, welcher von Prof. Dr. Sebastian Zaunseder und Natalie Mrachacz-Kersting vertreten wird.
Im Fachbereich Elektrotechnik ist das Lehrgebiet von Prof. Dr. Kai Luppa die Softwareentwicklung, Energieautomatisierung und Netzführung. Hier wird unter anderem an den Themen Datenanalyse und KI für zukünftige Steuerungssysteme in der Energiewirtschaft gearbeitet. Effiziente mikroelektronische Systeme für KI und Sensordatenanalyse mittels maschineller Lernverfahren werden von Prof. Dr. Michael Karagounis entwickelt. Neben den technischen Aspekten von KI spielen auch gesellschaftliche Auswirkungen eine zunehmend wichtigere Rolle. Hierzu beschäftigt sich am Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften Prof. Dr. Claudia Streblow-Poser mit den Auswirkungen von KI auf die soziale Arbeit und die damit zusammenhängenden ethischen Fragestellungen.
Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML
Das Fraunhofer IML forscht in einer Vielzahl von, durch Bund und Ländern geförderten, Projekten zu KI-Themen. Hierzu zählen unter anderem das vom BMBF geförderte Kompetenzzentrum „Maschinelles Lernen Rhein-Ruhr“ (ML2R, s. o.) und das Forschungsprojekt „ai arena“ zum Aufbau eines praxisorientierten KI-Labors für die interdisziplinäre und kollaborative Forschung zu Machine Learning für Roboterschwärme, das vom BMVI geförderte Projekt zur Silicon Economy, welches darauf abzielt, eine Infrastruktur für durch KI-gesteuerte autonome Systeme und Prozesse der Logistik von morgen aufzubauen, das durch das BMWi geförderte Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum „Digital in NRW“, welches u. a. mittels KI-Trainern KI-Know-how in KMU transferiert und das vom MKW NRW geförderte Leistungszentrum Logistik und IT, welches in seinem „Research Clan Maschinelles Lernen“ Dortmunder KI-Forscher*innen institutionsübergreifend und zweckorientiert verbindet. Hierbei kooperiert das Fraunhofer IML jeweils intensiv mit lokalen Forschungspartner*innen der Kompetenzfelder KI / Data Science sowie Logistik (TU Dortmund, Lehrstühle der Fakultäten Maschinenbau, Informatik, Statistik, Elektrotechnik und Informationstechnik; IfADo; Max-Planck-Institut für Sicherheit und Schutz der Privatsphäre) als auch internationalen Einrichtungen (z.B. TNO, TKI DINALOG, Georgia Tech Atlanta).
Auch im Bereich industrieller Auftragsforschung ist die KI-Forschung am Fraunhofer IML breit aufgestellt – von der Erforschung und dem Trainieren von autonomen Systemen im Allgemeinen (z.B. mittels Reinforcement Learning) und der Entwicklung autonomer Transportroboter wie LoadRunner® im Speziellen, zu vielfältigen Aufgabenstellungen im Bereich Computer Vision (z.B. zum Zählen oder (Qualitäts-)Messen logistischer Objekte, Ressourcen oder Dokumente), über den Aufbau von KI-basierten Assistenzsystemen für die Optimierung von Supply Chains (z.B. zur Erstellung von Bedarfsprognosen) bis hin zu Themen der Planung und des Betriebs von logistischen Netzwerken (z.B. Tourenanalysen oder Prognosen von Ankunftszeiten).
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
An der BAuA wird KI sowohl als Werkzeug zur Gestaltung sicherer und gesunder Arbeit betrachtet, aber auch als abzusichernde Komponente in Produkten und Arbeitssystemen. So wird beispielsweise eine Textanalyse-KI entwickelt, um potentiell gefährliche Produkte ausfindig zu machen. In einem anderen Projekt werden die Auswirkungen des KI-Einsatzes in Cyber-Physischen Systemen auf Risikoanalyseprozesse zusammen mit entsprechenden Anpassungsmöglichkeiten untersucht.
Stadt Dortmund / Masterplan Digitale Bildung
Mit dem Masterplan Digitale Bildung nimmt die Stadt Dortmund auch die Thematik KI, z.B. in Bezug auf die berufliche Bildung, aber auch für den allgemeinschulischen Bereich in den Blick. Die frühzeitige Vermittlung von Wissen über KI und die Förderung des Interesses bei den Lernenden bilden die Grundlage, um zukünftig mehr Talente für den Wirtschafts- und Technologiestandort Dortmund hervorzubringen. In den Bildungseinrichtungen wird KI zum Mittel und Gegenstand des Lernens. Gestützt wird dies durch den verpflichtend von den Schulen anzuwendenden Medienkompetenzrahmen NRW.
Stadt Dortmund / Institut für Feuerwehr- und Rettungstechnologie (IFR)
Ein Anwendungsfeld bietet die Forschung im IFR der Stadt Dortmund. Hier werden neue Technologien und Konzepte für Brandschutz, Rettungswesen sowie Bevölkerungs- und Katastrophenschutz getestet. Ein Beispiel dafür ist das vom IFR geleitete Forschungsprojekt mit Fokus auf den Aufbau eines Deutschen Rettungsrobotik-Zentrums (A-DRZ), das vom BMBF gefördert wird. In einem sogenannten „Living Lab“ erproben Endanwender (= nichtpolizeiliche Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, BOS), Forschung und Industrie gemeinsam die entwickelten Systeme auf ihre Einsatztauglichkeit. KI wird hier als wichtiger Faktor zur Unterstützung von Prozessabläufen der Logistik, der Lageerkennung, der Einsatzunterstützung sowie zur Automatisierung von Robotereinsätzen und zur Schulung angesehen und erforscht.
Max-Planck-Institut „Cybersecurity and Safety“
Das Max-Planck-Institut „Cybersecurity and Safety“ wird gemeinsam von der Ruhr-Universität Bochum und der TU Dortmund getragen. Synergien mit der Untersuchung von vertrauenswürdiger KI, dem maschinellen Lernen sowie der Arbeitssicherheit (BAuA) sind langfristig angelegt.
Im November 2020 fand die 4. Dortmunder Wissenschaftskonferenz erstmals digital statt. Leitthema der Konferenz war Künstliche Intelligenz.
Transfer und Vernetzung
Das Forschungsfeld der Künstlichen Intelligenz ist mit mehreren anderen wissenschaftlichen Forschungs- und Kompetenzfeldern interdisziplinär verwoben. Mit dem wissenschaftlichen Kompetenzfeld Logistik beispielsweise besteht eine langjährige, fruchtbare Zusammenarbeit. Auch in der Kombination mit anderen Feldern, insbesondere der Biotechnologie, gibt es große Potenziale, die zukünftig noch systematischer genutzt werden sollen.
Zudem ist das Dortmunder Umfeld der ideale Ort für das Zusammenwirken von Industrie und Innovation. Die Forschungs- und Ausbildungsseite wird durch Unternehmen wie z.B. Wilo und durch Institute wie das Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften – ISAS – e.V., das Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) sowie die Sozialforschungsstelle Dortmund (sfs) komplettiert.
Zunächst soll die Zusammenarbeit im wissenschaftlichen Kompetenzfeld KI / Data Science ausgebaut und verstetigt, Strukturen der Zusammenarbeit definiert, gemeinsame Themen und weitere Akteur*innen identifiziert werden.
Für die Bearbeitung erster gemeinsamer Projekte haben sich die Mitwirkenden auf folgende Themenschwerpunkte verständigt, die in Unterarbeitsgruppen bearbeitet werden:
- Maschinelles Lernen in der Schul-, Aus- und Weiterbildung
- Realzeitliche KI
- Vertrauenswürdige KI und Sicherheit
Beteiligte Organisationen
Sprecher: Prof. Dr. Emmanuel Müller (TU Dortmund)